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Zweckentfremdung von Transportschiffen als Speicher

Es wirkt erst einmal absurd: Europa befindet sich in einer Energiekrise und auf der Nordsee fahren Tanker im Kreis, voll bis obenhin mit Flüssiggas. Die Reeder warten auf einen besseren Preis für ihr Gas.

Verdienen da Spekulanten an der Not der Europäer? Muss man das verbieten? Das Gegenteil ist richtig. Die wartenden Schiffe zeigen, dass der Markt funktioniert. Das kommt den europäischen Verbraucher zugute.

Denn was den Preis derzeit so stark drückt, sind die vollen Speicher. Diese haben schon so viel Gas aufgenommen, dass es immer schwieriger wird, noch mehr Gas hineinzupressen. Solange die Temperaturen in Europa mild sind, wird das auch so bleiben. Die wartenden LNG-Schiffe fungieren in dieser Zeit als eine Speichererweiterung – sie vergrößern die in der EU verfügbare Menge an Gas.

Quelle: Handelsblatt: Gaspreis: Der Markt funktioniert besser als jeder Deckel

Die Ansicht des Autors beim Handelsblatt wirkt doch etwas fragwürdig. Die Schiffe könnten das Gas jetzt auch einigermaßen günstig abgeben und damit könnte das einst teuer bezahlte Gas in den Speichern geschont werden und ganz regulär als Puffer für den Fall dienen, dass zukünftige Schiffsladungen sich verspäten oder ganz ausbleiben. Wenn die Schiffe dann zügig entladen sind, könnten sie wieder das tun, wozu sie gebaut wurden: neues Gas transportieren. Wenn die Schiffe aber, wie es der Autor lobt, als Speicher zweckentfremdet werden, dann führt das dazu, dass Transportkapazitäten verschwendet werden und Verbraucher ohne großen Mehrwert immer die maximalen Gaspreise zahlen müssen. Und wenn das Gas zur Stromproduktion dient, dann führt das zu extrem hohen Strompreisen. Die einheitliche Regelung namens Merit-Order-Prinzip besagt nämlich, dass das teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um den Bedarf zu decken, den Strompreis bestimmt.

Die hohen Preise für Gas und Strom wirken sich natürlich auch auf die restliche Wirtschaft aus und treiben dort die Preise in die Höhe. Die Menschen müssen somit entweder immer höhere Löhne für die geleistete Arbeit erzielen oder zum gleichen Stundenlohn immer mehr arbeiten, um bei der Kostensteigerung nicht abgehängt zu werden und in die Armut zu rutschen. Außerdem muss die Geldmenge mittels Geldschöpfung durch Kreditvergabe ausgeweitet werden, damit überhaupt genug Geld für die Kostensteigerungen vorhanden ist. Dabei wird das Geld und somit auch eventuell vorhandene Ersparnisse für das Alter immer weniger Wert. Die Spirale von Wachstumszwang und Verschuldung dreht sich immer schneller.

Unter einem “funktionierenden Markt” versteht der Autor offensichtlich die Verschwendung von Ressourcen und eine steigende Inflation.
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