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Meldeportale für Steuerbetrug, Steuervermeidung und Steuerverschwendung

Die nächste Bundesregierung sollte das auch einführen«: Bei einem Wahlkampfauftritt sprach sich Annalena Baerbock für eine anonyme Plattform zur Meldung von Steuerbetrügern aus.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kann sich eine anonyme Meldeplattform zur Ermittlung von Steuerbetrügern wie in Baden-Württemberg auch auf Bundesebene vorstellen. »Wir müssen Orte schaffen, wo auch gemeldet werden kann, wenn man weiß, dass es zu heftigem Steuerbetrug kommt«, sagte die Grünen-Kanzlerkandidatin am Mittwochabend bei der »Bundestagswahl-Show« im Fernsehsender ProSieben.

Quelle: Spiegel: Baerbock will Meldeportal für Steuerbetrug auch auf Bundesebene

Wie gut, dass Frau Baerbock, die gerne Bundeskanzlerin werden würde, hinsichtlich ihrer Einkommen gewissenhafter arbeitet und vorgeschriebene Meldepflichten penibel einhält. Nun ja, manchmal dauert es aber etwas länger.

Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock hat Sonderzahlungen nachgemeldet, die sie in den Jahren 2018, 2019 und 2020 als Vorsitzende der Grünen erhalten hatte. Durch ein Versehen seien diese nicht wie vorgeschrieben binnen drei Monaten der Bundestagsverwaltung bekannt gegeben worden, sagte die Parteisprecherin der Grünen am Mittwoch.

Quelle: Süddeutsche: Baerbock muss Einkünfte nachmelden

Es kann schon mal passieren, dass man vergisst über 25.000 Euro zu melden und zu verteuern. Kurz bevor sie selbst als Kanzlerkandidation nominiert wurde, hatte sie gerade noch einmal “die Kurve bekommen” und die Meldung ganz selbstständig nachgeholt.

Auch Frau Baerbocks Parteifreund Cem Özdemir hat kurz darauf ganz plötzlich gemerkt, dass er Weihnachtsgelder aus den Jahren 2014 bis 2017 in ähnlicher Höhe zu melden vergessen hatte.

Nach Annalena Baerbock und Cem Özdemir hat auch die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth Nebeneinkünfte nachgemeldet. Es handele sich um Weihnachtsgeld aus dem Jahr 2013. Wie gut, dass Frau Roth auch viele Jahre später noch so gut wusste, welche Einkünfte versehentlich noch nicht gemeldet waren.

Für die etwas vergesslicheren Politiker könnte ein Meldeportal zur Unterstützung ganz offensichtlich sehr hilfreich sein.

Ein solches Portal hätte auch vor über 20 Jahren Herrn Schäuble, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union, helfen können. Er gab Kontakte zu dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber zu – und auch den Empfang einer nicht verbuchten Parteispende von 100.000 DM, die er dem Parlament zunächst verschwiegen hatte. Und auch der damalige CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep sah sich mit Vorwürfen der Steuerhinterziehung konfrontiert. Er hatte acht Jahre zuvor in der Schweiz von dem Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber einen Aktenkoffer mit einer Million D-Mark in bar überreicht bekommen.

Und auch der SPD-Politiker Karl Lauterbach sprach von einem “Riesenfehler”, aufgrund von Versäumnissen bei der Meldung von Nebeneinkünften. Einnahmen aus 2018 und 2019 seien dem Bundestag Mitte 2021 noch nicht gemeldet worden. Nun muss man Herrn Lauterbach zugutehalten, dass er ein vielbeschäftigter Mann ist. Da kann die ordnungsgemäße Verbuchung von Einnahmen schon mal in Vergessenheit geraten. Zumindest im Rahmen der Bekämpfung der Corona-Pandemie spricht Herr Lauterbach ja bekanntlich in jedes Mikrofon, dass sich ihm bietet. Er kämpft an allen Fronten, um die Menschheit zu retten. Man sagt ja, dass Herr Lauterbach auf die Frage eines Taxifahrers, wo es hingehen soll, antworten würde: “Egal, fahren Sie einfach irgendwo hin, ich werde überall gebraucht!”. Wieso Herr Lauterbach aber bereits vor der Corona-Krise keine Zeit für die ordnungsgemäße Meldung seiner Nebeneinkünfte hatte, darüber kann man nur spekulieren.

Vermutlich könnte man ganze Bücher mit den Geschichten von Politikern füllen, die vergessen haben, Nebeneinkünfte rechtzeitig zu melden. Nach der Debatte um die Maskenaffäre in den Reihen der CDU und CSU haben Abgeordnete Dutzende ihrer Nebentätigkeiten nachgemeldet, wie aus einer Auswertung der Bundestagswebsite hervorgeht.

Die Politiker haben nun aufgrund eigener Erfahrungen erkannt, dass unter Menschen hinsichtlich der Geldeinnahmen eine gewisse Vergesslichkeit herrscht. Daher wünschen sie sich ein Portal, dass es den Mitmenschen ermöglicht, Steuerhinterzieher ganz unbürokratisch an die entsprechenden Behörden zwecks ordnungsgemäßer Versteuerung und Dokumentation zu melden. So soll sichergestellt werden, dass die Steuereinnahmen weiterhin kräftig fließen und sich niemand an seinen steuerlichen Pflichten vorbeimogelt.
Bei der Gelegenheit könnte auch gleich ein weiteres Portal eingerichtet werden, um “zufällige, Gesetzeslücken” zu melden, welche die windigen Steuervermeidungsstrategien der vornehmlich global agierenden Großkonzerne möglich machen. Schließlich haben Gesellschaft und Politiker doch ein gewisses Interesse daran, dass nicht nur die keinen Handwerker und Dienstleister die Steuerlast stemmen, sondern sich auch große globale Konzerne am Steueraufkommen beteiligen.
Auf der anderen Seite sollte dann aber auch offen damit umgegangen werden, wie die Steuereinnahmen verwendet werden. Nicht dass die Politiker die Steuergelder versehentlich oder aufgrund gewisser Inkompetenzen verschwenden oder für moralisch fragwürdige Aktivitäten ausgegeben. Ein Meldeportal für Steuergeldverschwendung wäre also ebenfalls angebracht.
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