Berichte

Unabhängigkeit der Öffentlich-Rechtlichen?

Vorweg die Rechtsgrundlagen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland laut Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (GEZ):

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Aufgaben der GEZ basieren auf verschiedenen gesetzlichen Regelungen. Welche das sind, wird hier ausführlich aufgeführt:
Garantien aus Art. 5 des Grundgesetzes

Freiheit und Unabhängigkeit der Berichterstattung von Staat, Wirtschaft, Kirche:
  • es findet kein staatlicher Einfluss auf die Programmgestaltung statt
  • es findet kein staatlicher Einfluss auf die Inhalte von Programmen statt
Quelle: http://www.gez.de/aufgaben/rechtsgrundlagen/

Um die Unabhängigkeit sicherzustellen, hat man sich selbstlos ein ganz spezielles Konzept ausgedacht:

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird fast vollständig durch Gebühren finanziert. Das sichert die Unabhängigkeit von Staat und Wirtschaft und sorgt für jede Menge gutes Programm.

Quelle: http://www.gez.de/aufgaben/index_ger.html

Genaueres zum Finanzierungssystem:

Das Finanzierungssystem der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten der ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland), des ZDF und des Deutschlandradio besteht aus:
  • Gebühreneinnahmen auf der Grundlage des jeweilig geltenden Rundfunkgebührenstaatsvertrags und
  • aus Einnahmen aus der Werbung.
Quelle: http://www.gez.de/die_gez/medienlandschaft/index_ger.html

Zwangsgebühren zahlt der Zuschauer (ob er nun zuschaut oder nicht), damit ihm die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ein unabhängiges Programm liefern können. Die privaten Sender können dies nicht, da sie ihr Programm so gestalten müssen, dass sie eine hohe Eischaltquote erzielen um die Werbeplätze für Unternehmen attraktiv zu machen. Private Sender sind abhängig von den Unternehmen, die Werbung schalten. Sie müssen sich ihrem Diktum beugen. Darunter leidet schnell die Qualität des Programms.
Aus dieser Sicht mögen die Gebühren gerechtfertigt sein. Für ein UNABHÄNGIGES Programm, das einer gewissen Informationspflicht umfassend nachkommt, ist eine Gebühr durchaus akzeptabel. Doch halt, wie setzen sich die Einnahmen zusammen? Richtig, es handelt sich um eine duale Finanzierung: Einnahmen aus den Rundfunkgebühren und Einnahmen aus der Werbung fließen den Öffentlich-Rechtlichen zu.
Und was sagt die GEZ dazu?

Dabei werden nur rund sechs Prozent der Erlöse aus Werbung und Sponsoring erzielt. Diese Einnahmen stärken die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Quelle: http://www.gez.de/die_gez/medienlandschaft/index_ger.html

Einnahmen aus der Werbung stärken die Unabhängigkeit? heißt es nicht …

  • Wessen Brot ich ess’, dessen Lied ich sing’
  • Wer das Geld gibt, darf auf der Flöte spielen
  • Wer das Geld gibt, gibt den Ton an
  • Gib mir was, zähl’ auf mich
  • Sponsor mich, bau auf mich
  • Wer blecht, bestimmt
  • Kommst du für mich auf, ist auf mich Verlass
  • Meine Richtung bestimmt mein Gönner
  • Meine Loyalität hat ihren Preis
Die GEZ sieht das also ganz offensichtlich anders als der Volksmund. Aber was interessiert schon die Meinung des blöden Fußvolkes? Um die geht es hier nun wirklich nicht! Aber um wen geht es dann?

Zudem spricht sich die werbetreibende Wirtschaft deutlich für Werbung in den öffentlich-rechtlichen Programmen aus, da sie auf die attraktiven Zielgruppen von ARD und ZDF nicht verzichten möchte. Ohne Sponsoring würde der Einkauf attraktiver internationaler Sportrechte fast unmöglich gemacht. Bei einem Verzicht auf Werbung und Sponsoring müsste zum Ausgleich die Rundfunkgebühr um rund 1,50 Euro steigen.

Quelle: http://www.gez.de/die_gez/medienlandschaft/index_ger.html

So ist das also. Die werbetreibende Wirtschaft spricht sich für das Sponsoring aus. Den Vorteil für die angepriesene Unabhängikeit des Programms kann ich hier nicht finden. Dazu fehlt mir vermutlich die Fantasie. Und warum die Öffentlich-Rechtlichen teure Sportrechte einkaufen müssen, die lediglich der Unterhaltung und weniger der notwendigen Information dienen, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Sport ist Unterhaltung für die Massen und somit kann den privaten Sendern diese Aufgabe überlassen werden. Wer Fußball sehen möchte, kann sich gerne von seinem Geld eine Eintrittskarte ins Stadion kaufen oder mittels Pay-TV oder durch Werbefinanzierte Sender in den Genuss kommen. Warum die Allgemeinheit dafür mittels Zwangsgebühren zur kasse gebeten werden soll, ist mir ein Rätsel. Durch die teuren Einkäufe von Sportrechten, die offensichtlich durch Werbung finanziert werden, begeben sich die öffentlich-Rechtlichen in eine Abhängigkeit und machen sich unglaubwürdig. Ihrer Informationspflicht über wichtige politische, wirtschaftliche und wissenschaftliche Themen kommen sie dadurch gewiss nicht nach. Ganz im Gegenteil, diese Zeit geht für sinnvolle Programminhalte verloren. Trotzdem behauptet die GEZ steif und fest:

Dieses Mischsystem zur Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erlaubt eine Unabhängigkeit von Staat und Wirtschaft.

Quelle: http://www.gez.de/die_gez/medienlandschaft/index_ger.html

Tatsächlich sind die öffentlich Rechtlichen Sender alles andere als unabhängig. So ist es durch Product Placement, also dem heimlichen platzieren von zu bewerbenden Produkten, beispielsweise in Filmen und Serien, ein nicht unerhebliches Zusatzeinkommen zu erzielen.[1] Das wiederum hat zur Folge, dass es finanziell vorteilhafter sein kann, eine abgedroschene Serien zu produzieren, um versteckte Werbung an den Mann und die Frau und sogar an die Kinder zu bringen, als eine Reportage über die Unzulänglichkeiten des Geldsystems.

Aber nicht nur die Unternehmen üben Einfluss auf das Programm aus. Auch seitens der Politik wird kräftig mitgemischt. Laut Wikipedia:

Der Fernsehrat überwacht das Programm, genehmigt den vom Verwaltungsrat beschlossenen Haushalt und wählt den Intendanten, der das ZDF nach außen vertritt und für die Geschäfte sowie die Programmgestaltung der Fernsehanstalt verantwortlich ist. Der Fernsehrat ist zu über 90 Prozent nach dem Parteiproporz besetzt.

Der Verwaltungsrat bildet eine weitere Kontrollinstanz, die die Tätigkeit des Intendanten insbesondere in Haushaltsfragen überwacht. Er besteht aus 14 Mitgliedern, unter anderem fünf Vertreter der Bundesländer und ein Vertreter des Bundes. Weitere acht Mitglieder werden vom Fernsehrat gewählt und dürfen keiner Regierung oder gesetzgebenden Körperschaft angehören. Präsident ist Kurt Beck, sein Stellvertreter Roland Koch. Weitere Vertreter der Länder sind: Peter Müller, Matthias Platzeck und Edmund Stoiber sowie als Vertreter des Bundes der Staatsminister für Kultur und Medien Bernd Neumann. Aufgrund der „Causa Brender“ im Jahre 2009 ist die Einflussnahme der Parteien im Verwaltungsrat stark umstritten.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/ZDF#Aufsichtsgremien

Die Kontrollinstanzen Fernsehrat und Verwaltungsrat sind zu einem großen Teil mit Politikern besetzt. Da liegt die Vermutung nahe, dass nicht die Unabhängigkeit des Programms kontrolliert wird, sondern dass lediglich kontrolliert wird, ob die Interessen der Politiker eingehalten werden, die wiederum enge Verbindungen zur Wirtschaft haben. Nun hat sich der hessische Ministerpräsident Roland Koch durchgesetzt, dass der ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender trotz breiter öffentlicher Unterstützung abgesetzt wird. Damit hat die Politik laut Spiegel Online dem Sender das Rückgrat gebrochen (Wobei sich mir die Frage stellt, von welchem Rückrat hier gesprochen wird). Koch hatte sich in den letzten Wochen öffentlich gegen Brender ausgesprochen. Die Begründung unter anderem: Rückläufige Quoten bei den Informationssendungen. Seltsam. Dabei besteht doch gerades deshalb eine Gebührenpflicht, um auch Sendungen mit hohem Wert, aber geringer Zuschauerzahl finanzieren zu können! Weiter wurde der Wechsel, laut Roland Koch, zum Wohle des ZDF durchgeführt. Es geht also nicht um das Wohl der Gebührenzahler, sondern um das Wohl des Senders, das wiederum vom Wohlwollen der großen Firmen abhängig ist. Und diese Firmen fordern Quote anstelle von Qualität.[2]
Wenn Politiker bestimmen, wer das Programm bei den öffentlich-rechtlichen Sendern gestaltet, können sie auch über die Inhalte bestimmen. Von Unabhängigkeit auch hier keine Spur.

Eine wirkliche Grundlage für die Forderung von Zwangsgebühren scheint in diesem Kontext wohl kaum gegeben. Dennosch schreibt die GEZ selbstsicher:

Beginn der Gebührenpflicht
Die Gebührenpflicht beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein Rundfunkgerät erstmals zum Empfang bereitgehalten wird.

Ende der Gebührenpflicht
Die Gebührenpflicht endet mit Ablauf des Monats, in dem das Gerät nicht mehr zum Empfang bereitgehalten wird, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der GEZ oder Ihrer Landesrundfunkanstalt angezeigt worden ist. Rückwirkende Abmeldungen sind nicht möglich.


Quelle: http://www.gez.de/gebuehren/gebuehrenpflicht/index_ger.html

Wer sich am 30. eines Monats ein Gerät kauft, das zum Empfang des öffentlich-rechtlichen Propagandafunks geeignet ist oder sein könnte, ist seit 29 Tagen gebührenpflichtig. Meldet der Teilnehmer dies erst zwei Monate später, gilt die Gebührenpflicht selbstverständlich rückwirkend.
Die Gebührenpflicht endet erst mit Ablauf des Monats der Abmeldung. Wirft man den Fernseher am 1. eines Monats auf den Müll (dort wo er auch hin gehört), ist man noch bis zu 30 Tage gebührenpflichtig. Und eine Abmeldung rückwirkend ist natürlich nicht möglich.
Bei der Anmeldung gilt nicht das Datum der Anmeldung, sondern das Datum der erstmaligen Bereithaltung, das vor dem Datum der Anmeldung liegen kann. Bei der Abmeldung gilt jedoch nicht – wie es naheliegend wäre – das Datum der letzmaligen Bereithaltung, sondern das Datum der Abmeldung, das gewöhnlich nach dem Datum der letztmaligen Bereithaltung liegen dürfte. Ein Schelm, wer böses denkt …




Literaturverzeichnis:
[1]
Product Placement in Deutschland; Jörg Tilmes; http://filmindustrie-tv-industrie.suite101.de/article.cfm/product_placement_in_deutschland; 11.03.2008
[2]
Absetzung von ZDF-Chefredakteur Brender - Deutschland ist jetzt Berlusconi-Land; Markus Brauck; http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,663699,00.html; 27.11.2009
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