Berichte

Manchmal verliert der Steuerzahler und manchmal gewinnen die Politiker

Viele Menschen, die Jahr für Jahr hart arbeiten und dann einen großen Teil des Einkommens in Form von Steuern wieder abgeben müssen, werden versuchen, zumindest in der spärlichen Freizeit ein angenehmes und möglichst ungestörtes Leben führen zu können. Wenn man in einem alten Mehrparteienhaus lebt, das in einer Zeit erbaut wurde, als es noch keine Schallschutzbestimmungen und geeignetes Baumaterial gab, der wird dies nachvollziehen können. Zumindest, wenn er Nachbarn hat, die gerne lautstarke Gartenparties mit vielen hemmungslos betrunkenen Gästen bis in die frühen Morgenstunden feiern. Und wenn keine Gartenparty stattfindet, dann dröhnt Musik aus der Wohnung durch die dünnen Wände. Stundenlang. Immer wieder “My Hometown”, die Böhsen Onkelz, Schlager, Live-Konzert-Aufzeichnungen und anderen musikalischen Highlights.
Glücklich schätzen können sich die Menschen, die sich ein moderneres Eigenheim mit modernen Schallschutzmaßnahmen in besserer Lage leisten können. Politiker der Grünen mögen den Bau neuer Eigenheime verteufeln, aber diese Politiker leben vermutlich nicht in Gegenden mit eher weniger sozial orientierten Mitmenschen.
Leider sind Grundstücke mittlerweile für “Normalverdiener” nahezu unbezahlbar geworden und der Bau eines Hauses durch unzählige Vorschriften, Bestimmungen und Einschränkungen nicht nur ein Albtraum, sondern ebenfalls sehr teuer. Viele Vorschriften mögen sinnvoll sein, um beispielsweise ein ansehnliches Stadtbild zu gewährleisten. Wenn aber gleichzeitig die öffentlichen Flächen in der näheren Umgebung regelrecht verfallen und selbst neu angelegte Wege und Grünflächen bereits verdreckt, ramponiert und heruntergekommen sind, noch bevor die Bauzäune entfernt wurden, dann fragt man sich schon, warum Bauherren so viel Arbeit, Zeit und Geld investieren müssen, um ein Haus zu bauen, dass einem vorgegebenen Schönheitsideal entspricht, also die vorgegebene Anzahl an Stockwerken hat, die Dachneigung den Vorgaben entspricht und vieles mehr, während die Umgebung immer mehr einer Müllhalde gleicht.
Wer es trotz aller Widrigkeiten schafft, sich den Traum von einem schönen Eigenheim in einer einigermaßen schönen Gegend zu erfüllen, der würde den Lohn der Mühen vielleicht gerne bis zu seinem Lebensende genießen. Pech allerdings, wenn dann Behörden, die den Bauherren beim Bau ihrer Wohnungen mit den vielen Vorschriften malträtieren dann plötzlich dank Nutzung eines Sonderbaurechts, das fast alle Vorschriften aushebelt, eine wenig ansehnliche mehrstöckige Modulare Unterkunft an die Stelle bauen, wo die ursprünglichen Bewohner zuvor einen erholsamen Blick ins Grüne genießen konnten. Und wenn diese Wohnblöcke noch mit den Steuergeldern der Bewohner gebaut werden, die jetzt auf die Fassade des Wohnblocks anstelle des Wäldchens blicken müssen, dann ist das wie ein Schlag ins Gesicht der Bürger. Deutlicher kann eine Behörde kaum zeigen, wie wenig sie von den steurzahlenden Bewohnern hält, welche das Einkommen der Behördenmitarbeiter finanzieren.
So geschehen beispielsweise im Berliner Bezirk Pankow, wie etwa der Focus berichtet hat. Privatsphäre haben die Anwohner in ihrem Garten nicht mehr, seit die „Modularen Unterkünfte für Flüchtlinge“, auch „MUF“ genannt, fertig gestellt wurde und jetzt hinter jedem Fenster der neuen Fensterfront neugierige Blicke lauern könnten.
Ein Rechtsstaat definiert sich dadurch, dass Regierung und Verwaltung nur im Rahmen der bestehenden Gesetze handeln dürfen. Die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger müssen garantiert sein, staatliche Entscheidungen müssen von unabhängigen Gerichten überprüft werden können. So ist es bei der Bundeszentrale für politische Bildung zu lesen, einer nachgeordnete Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern mit Sitz in Bonn.
Wenn die Gesetze allerdings so definiert sind, dass Bauherren nahezu beliebig eingeschränkt werden können, während eine Behörde wenige Meter nebenan in kürzester Zeit unter Umgehung der eigentlich geltenden Vorschriften ein Bauprojekt mit massiven Auswirkungen auf die Anwohner durchführen kann ohne dies mit den Betroffenen abzustimmen, dann stellt sich natürlich die Frage, ob der Rechtsstaat vielleicht nur Makulatur ist. Nun gut, es besteht in einem Rechtsstaat ja die Möglichkeit, staatliche und behördliche Entscheidungen von unabhängigen Gerichten überprüfen zu lassen. Klingt gut. Ist aber wenig wert, wenn Richter die Einschränkung der Privatsphäre im Garten mit absurden Begründungen einfach vom Tisch wischen. So schreibt Focus: Kann man sich auf Grund der vielen Fenster beobachtet fühlen? Natürlich nicht, da „(…) Fenster üblicherweise nur für vorübergehende, gelegentliche Ausblicke genutzt werden (…)“. Eine seltsame Auffassung, wenn man bedenkt, dass die Persönlichkeitsrechte einer Person schon verletzt werden, wenn man auf der Straße eine Leiter aufstellt, um beispielsweise über eine Hecke die Nachbarin beim Sonnenbaden zu beobachten. Dies ist auch schon dann eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte, wenn man die Leiter nur für vorübergehende, gelegentliche Ausblicke auf die Nachbarin nutzt. Steht man jedoch hinter dem Fenster des neuen Wohnkomplexes, dann kann man ungeniert den Anblick genießen. Es ist übrigens auch nicht erlaubt, mit einer Überwachungskamera andere Gärten oder den öffentlichen Raum zu filmen. Selbst eine Attrappe, die auf ein anderes Grundstück oder den Bürgersteig gerichtet ist, ist rechtswidrig, weil andere Menschen nicht wissen können, ob sie nicht vielleicht doch gefilmt werden. Die betroffenen Bewohner gegenüber der neuen Unterkunft wissen auch nicht, ob hinter einer Fensterscheibe im dunklen Zimmer jemand steht und sie heimlich beobachtet wie die Schimpansen im Zoo. Das ist aber natürlich etwas ganz anderes und wohl keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte.
Andere Argumente wiesen die Richter mit ebenso fragwürdigen Begründungen vom Tisch.

Bei einer Info-Veranstaltung sagte der Pankower Bürgermeister Sören Benn laut Focus den betroffenen Bewohnern: „Es gibt Gewinner und Verlierer – heute gehören Sie nicht zu den Gewinnern.“. Tja, so ist das eben. Manchmal verliert der Steuerzahler und manchmal gewinnen die Politiker.
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