Berichte

Grüne Kriegspolitik: Waffen für den Frieden?

Die Grünen schlossen Waffenlieferungen in Kriegsgebiete grundsätzlich aus, wie in der Kurzform des Wahlprogrammes von 2021 zu lesen ist.

Wir wollen Exporte deutscher Waffen an Diktatoren, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete verbieten.

Quelle: Die Grünen – Das Wahlprogramm kurz & knapp 2021

Auch in der ausführlichen Version sind keine Ausnahmen vorgesehen. An Diktaturen und menschenrechtsverachtende Regime sollen grundsätzlich, also auch in Friedenszeiten, keine Waffen geliefert werden. (Wie sähe es eigentlich theoretisch es mit wohlwollenden Diktaturen aus?) Und in Kriegsgebiete soll uneingeschränkt nicht geliefert werden, also auch nicht an demokratische Staaten, wenn sie sich im Krieg befinden.

Keine deutschen Waffen in Kriegsgebiete und Diktaturen

Exporte von Waffen und Rüstungsgütern an Diktaturen, menschenrechtsverachtende Regime und in Kriegsgebiete verbieten sich. Für die Reduktion von europäischen Rüstungsexporten wollen wir eine gemeinsame restriktive Rüstungsexportkontrolle der EU mit einklagbaren strengen Regeln und Sanktionsmöglichkeiten. Kooperationen mit dem Sicherheitssektor anderer Staaten müssen an die Einhaltung demokratischer, rechtsstaatlicher und menschenrechtlicher Kriterien geknüpft werden. Für Deutschland werden wir ein Rüstungsexport- kontrollgesetz vorlegen, ein Verbandsklagerecht bei Verstößen gegen das neue Gesetz einführen und für eine wirksame Endverbleibskontrolle sorgen. Hermesbürgschaften für Rüstungsexporte darf es nicht geben. Den Einsatz von Sicherheitsfirmen in internationalen Konflikten wollen wir streng regulieren und private Militärfirmen verbieten.

Quelle: Bundestagswahlprogramm, das auf der 46. Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN beschlossen wurde, die vom 11. bis 13. Juni 2021 digital stattgefunden hat

Im Wahlprogramm ist weiter zu lesen dass selbst Schützenvereine in Deutschland, deren Mitglieder nahezu ausnahmslos sorgsam und umsichtig mit Waffen umgehen, auf “nicht tödliche” Waffen umsteigen sollen. Waffen jeglicher Art sind für die Grünen also offensichtlich nicht akzeptabel. Nicht einmal zu Sportzwecken unter extrem kontrollierten und überwachten Bedingungen.

Diese gleiche Partei macht sich nun aber dafür stark, die Ukraine umfassend mit Kriegswaffen auszurüsten anstatt sich nachdrücklich für ein diplomatisches Vorgehen einzusetzen und sich auf medizinische und humanitäre Hilfe zu beschränken. Waffenlieferungen werden den Krieg immer weiter verlängern und somit zu immer mehr Leid führen. Russland wird den Krieg lange durchhalten und je mehr der Krieg angeheizt wird, um so geringer werden die Chance auf eine Verhandlungslösung. Im Zweifelsfall hat der Kriegsverbrecher Putin immer noch die Möglichkeit, Atomwaffen zum Einsatz zu bringen, wenn er sich an die Wand gedrängt fühlt. Somit liegt es letztendlich in der Hand Putins, wann und wieder Krieg beendet wird. Entweder im Rahmen von zivilisierten Verhandlungen oder mit einer barbarischen Vernichtung Europas.
Die grüne Außenministerin Analena Baerbock hat mittlerweile mehrfach gezeigt, dass ihr jegliches diplomatisches Geschick fehlt, wenn sie beispielsweise der Ukraine uneingeschränkte Solitarität zusichert, “egal was ihre Wähler denken“. Und auch, wenn sie Russland ganz nebenbei den Krieg erklärt. Die Grünen sind also auf dem Weg, Europa in den Untergang zu reißen, obwohl sie sich zur Wahl noch als Pazifisten präsentiert haben.

Die Grünen haben ihren Kurs um 180 Grad gedreht und suggerieren, dass Waffenlieferungen die einzige Option sind. Dass Waffenlieferungen aber vielleicht ganz im Gegenteil eher wie ein Brandbeschleuniger wirken, steht nichteinmal zur Diskussion. Anton Hofreiter interpretiert das Wahlprogramm sehr frei und versucht die Wende in der Kriegspolitik zu erklären:

“Keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete!” Das ist eine klare Ansage aus dem Wahlkampf der Grünen ohne Interpretationsspielraum! Die Ampel tut das Gegenteil! Sie sehen darin keinen Wahlbetrug?

Frage von Hubertus S. am 02. Juni 2022 – 11:46

Thema
Außenpolitik und internationale Beziehungen

Anton Hofreiters Antwort vom 05. Januar 2023 – 14:33
Zeit bis zur Antwort: 7 Monate 1 Woche

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

„Wir liefern keine Waffen in Kriegsgebiete“ ist in sehr vielen Konflikten sehr sinnvoll. Dies gilt vor allem dann, wenn es sich um Bürgerkriege handelt, in denen nicht klar definiert ist, welche Seite aus der Sicht eines freien, demokratischen, die Menschenrechte achtenden Landes die richtige ist. An dieser Einstellung ist auch nichts falsch geworden. Allerdings muss man differenzieren, um welche Art von Krieg es sich handelt. Wir stehen in der Ukraine offensichtlich vor einer völlig anderen Situation, wenn eine Diktatur eine Demokratie angreift, bei der ein Aggressor Kriegsverbrechen verübt. Nach Expert*innengesprächen bin ich der festen Überzeugung, dass eine Stärkung der Ukraine, auch durch Waffenlieferungen am Ende Schlimmeres verhindert.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Anton Hofreiter

Quelle: Abgeordnetenwatch

Anton Hofreiter mag der festen Überzeugung sein, dass eine Stärkung der Ukraine, auch durch Waffenlieferungen am Ende Schlimmeres verhindert. Da er aber gewiss nicht allwissend ist, handelt es sich lediglich um eine persönliche Meinung, die sich als völlig falsch erweisen kann. Folglich müsste Herr Hofreiter auch die umfassende Verantwortung übernehmen, wenn er eigenmächtig ohne Legitimierung des Volkes Entscheidungen aufgrund einer möglicherweise falschen Annahme trifft.
Von einer “Differenzierung, um welche Art von Krieg es sich handelt”, steht nämlich nichts im Wahlprogramm. Und es steht auch nichts davon im Wahlprogramm, dass die Grünen oder Anton Hofreiter darüber entscheiden, welche Kriegsteilnehmer “gut” und welche “böse” sind. Wenn die Grünen Politiker sich das Recht, eine solche Entscheidung zu treffen plötzlich herausnehmen, dann sollten auch Bürger darüber entscheiden können, welche Art von zivilem Waffeneinsatz “gut” und welcher Einsatz “schlecht” ist. Dann können Schützenvereine weiterhin festlegen, dass das Schießen auf Zielscheiben mit scharfen Waffen in Ordnung ist und nicht verboten werden soll. Ob die Grünen darauf eingehen? Immerhin wird von den Wählern erwartet, dass sie sich bei Wahlen politisch engagieren und Parteien und Politiker im Rahmen von Wahlen legitimieren, eigenmächtig über Krieg und Frieden in Europa und auf der ganzen Welt zu entscheiden. Kann man einem Wähler verbieten im Schützenverein auf Zielscheiben zu schieben, wenn er gleichzeitig sehr viel Verantwortung trägt, da dessen Kreuz auf dem Stimmzettel letztendlich darüber entscheiden könnte, ob ganz real Soldaten und Zivilisten durch deutsche Bomben und Granaten zerfetzt werden? Auf der einen Seite werden die Wähler in Deutschland wie dumme Idioten behandelt, den man jeden Schritt und jeden Handgriff vorschreiben und reglementieren muss und auf der anderen Seite sollen die Wähler weitreichende Entscheidungen über Leben und Tod treffen.

Unglücklicherweise fehlen den Wähler gewöhnlich auch noch die notwendigen Informationen um bei Wahlen wirklich fundierte Entscheidungen treffen zu können. Kaum ein Wähler wird alle Wahlprogramme aller Parteien umfassend durcharbeiten und bis ins Detail verstehen. Die meisten Wähler werden also nicht über alle möglichen Optionen informiert sein. Zudem fehlen den Wähler häufig die notwendigen Hintergrundinformationen und auch das Insiderwissen. (Wer hat welche Beziehungen und Interessen? Wer kann wo Einfluss nehmen? Wer wird von welchen Lobbyisten beeinflusst?) Viele Wähler werden auch kaum Kenntnisse der geschichtlichen Zusammenhänge haben, obwohl dies häufig nötig ist, um aktuelle politische Entscheidungen und Entwicklungen verstehen zu können.

Außerdem scheinen die Politiker nach belieben von ihrem Wahlprogramm abweichen zu dürfen, ohne dass diese Änderung durch die Wähler legitimiert werden müsste. Und das ist ein großes Problem. Wenn das Wahlprogramm nicht als zwingend einzuhaltenden Vertrag angesehen wird, dann ist es das Papier nicht wert, auf das es gedruckt wurde und kann keine Basis für eine fundierte Wahlentscheidung sein.
Wahlprogramme müssen also bindend sein. Auch wenn Politiker von einer im Wahlprogramm festgelegten Entscheidung abweichen wollen, dann müsste darüber erneut durch die Wähler abgestimmt werden. Dies bringt aber natürlich viele kaum lösbare Probleme mit sich. Wer darf dann abstimmen? Nur die Wähler der Partei? Alle Wahlberechtigten? Wie kann sichergestellt werden, dass die Wähler zu der Thematik ausreichend informiert sind? Wie wird sichergestellt dass die Wähler nicht zuvor einseitig so indoktriniert wurden, dass sie automatisch die Entscheidung so treffen, wie es von der Politik gewünscht ist? Wenn die Wähler eine Fortsetzung und Ausweitung des Krieges befürworten wer kommt für die damit verbundenen Kosten auf? Die Zahl der Flüchtlinge wird zunehmen, je länger der Krieg dauert. Das Ausmaß der Zerstörung wird wachsen. Der Verbrauch an Energie und Rohstoffen für den Krieg und den Wiederaufbau ist zu bedenken. Die Umweltschäden werden unbezifferbar sein. Was ist mit dem CO2-Ausstoß, der den Grünen so wichtig ist? Wer bezahlt die CO2-Zertifikate, damit Panzer durch die Gegen fahren können? Zudem ist das Leid der Tiere unermesslich, die ebenfalls auf diesem Planeten leben und mit denen wir uns den Lebensraum teilen. Wer trägt dafür die Verantwortung? Wer kann überhaupt eine solche Verantwortung tragen? Viele Fragen, die beantwortet werden müssen, bevor eine Entscheidung getroffen wird. Sind die Politiker alleine in der Pflicht? Oder werden auch die Wähler, die sich für den Krieg ausgesprochen haben, zur Kasse gebeten? Oder soll die Allgemeinheit den Preis für den Krieg bezahlen. Also auch Pazifisten und Nichtwähler? Vielleicht sogar die Mitglieder von Schützenvereinen, die zukünftig nach dem Willen der Grünen nichteinmal mit einer scharfen Waffe auf eine Zielscheibe schießen sollen?
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