Berichte

Verwässerung der ohnehin wenigen Schutzeinrichtungen

Die finanzielle Haftung eines Staates in Europa für einen anderen Staat ist durch die No-Bailout-Klausel in den Verträgen schlicht und ergreifend verboten. Verboten heißt, dass es nicht erlaubt ist. Man darf es also nicht. Diese Feststellung kann man nicht oft genug wiederholen, denn es gibt Menschen, die große Probleme haben, dies zu verstehen. Natürlich muss man sich nicht unbedingt an jedes Verbot halten, aber wenn ein solches Verbot dem Schutz von vielen Millionen Menschen dient, dann sollte man schon in Erwägung ziehen das Verbot zu beachten.
Unglücklicherweise befinden wir uns in einem Dilemma, was die Sache etwas komplizierter macht. Wenn man sich an die Regeln hält, bricht das System zusammen, was zu der Vermutung verleiten mag, dass es möglicherweise doch besser ist, sich nicht an die Regeln zu halten. Ignoriert man aber die Regeln, wird das System ebenfalls zusammenbrechen, wenn auch etwas später. Und dann wird es für die Menschen in Europa besonders schlimm. Wir haben zunächst einmal also nur die Wahl zwischen dem kleineren Übel jetzt und dem größeren Übel in Zukunft. Mit dem Bruch der No-Bailout-Klausel wurde die Entscheidung zugunsten des größeren Übels in der Zukunft gefällt.
Die Währung stand mittlerweile mehrfach vor einem Zusammenbruch (welch eine Überraschung) und die unvorstellbaren Glücksspiel-Gewinne von Banken und Investoren waren akut gefährdet. Die Notlösung war es, die No-Bailout-Klausel zu ignorieren und diverse Mechanismen zu implementieren, die es ermöglichen, notleidende Länder finanziell zu unterstützen. Dadurch konnte man sich Zeit erkaufen, wenn auch zu einem hohen Preis. Gerechtfertigt wurde dieser Schritt mit der suspekten Begründung, dass solche Unterstützungen nicht schlimm seien, denn schließlich gibt es Schutz-Regeln, die bei Inanspruchnahme einer Finanzhilfe vom jeweiligen Land eingehalten werden müssen. Das sind beispielsweise restriktive Sparauflagen und so weiter. Diese Regeln sorgen dafür, dass alles Gut gehen wird.
Doch wie zuverlässig können die geltenden Schutz-Regeln sein, mit denen die Menschen beruhigt wurden, wenn die Hilfe an sich schon auf einer gebrochenen Regel basiert? Natürlich sind sie überhaupt nicht zuverlässig, genausowenig, wie es die No-Bailout-Klausel war. Denn die Zukunft kam schneller, als man dachte und das größere Übel klopfte an die Tür. Um sich noch ein bisschen Zeit zu erkaufen, wurden die wenigen Schutz-Regeln, die noch ein Mindestmaß an Einhalt geboten jetzt auch gebrochen, so dass die Banken mittlerweile direkt auf die Finanzhilfen zugreifen können, ohne nennenswerten Umweg über einen Staat. Bedingungen und Einschränkungen gibt es praktisch keine mehr. Die Banken bekommen von den Banken Geld und die Steuerzahler müssen dafür arbeiten gehen, sofern ihnen das noch möglich ist, denn schließlich werden immer mehr Arbeiten von Robotern übernommen.
Was wir sehen, ist der verzweifelte Kampf, das Unumgängliche aufzuhalten. Die Währung kollabiert und die Politiker befinden sich in einer Zwickmühle: halten sie sich an die Regeln, bricht das System ganz schnell zusammen, denn so entspricht es der Natur dieses Finanzsystems. Halten sie sich nicht an die Regeln, kann das System noch eine Weile existieren und bricht dann um so heftiger zusammen.
Den Weg, die Schutzmechanismen zu achten und die Zeit, die wir hatten, zu nutzen, um ein stabiles Geldsystem zu etablieren (was gewiss möglich gewesen wäre), ist für die Politik leider keine Option. Sie werden dieses System so lange betreiben, wie es ihnen irgendwie möglich ist – zu Not auch unter Missachtung sämtlicher Regeln und Vorschriften. Gleichzeitig werden die Politiker aber nicht müde zu betonen, dass es viele Regeln und Vorschriften gibt, die einen geordneten Ablauf garantieren (sollen), um die Menschen in eine trügerische Sicherheit zu wiegen.
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