Berichte

Profitiert der Staat von einer Inflation?

In der Ausgabe 19/2013 des Spiegels wird das Thema der zukünftig immer geringer ausfallenden Renten insbesondere in Hinblick auf die Auswirkungen der aktuellen Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank aufgegriffen. Es wird erklärt, dass die staatliche Renten immer weiter gekürzt werden. Deshalb schließen viele Leute private oder betriebliche Zusatzrenten ab, um der drohenden Altersarmut nach einem anstrengenden Arbeitsleben zu entgehen. Mit der Senkung des Leitzinses geraten aber auch diese mitunter höchst spekulativen Finanzprodukte in Bedrängnis. Die Rendite sinkt und die Sparer müssen mit deutlich niedrigeren Renten-Auszahlungen rechnen, als zuvor zu erwarten war.
Im Allgemeinen ist der Artikel recht informativ, aber der Autor macht an einer Stelle einen verbreiteten Gedankenfehler, auf den ich hier näher eingehen möchte. So ist im Artikel zu lesen:

Die niedrigen Zinsen sind allenfalls gut für Hauskäufer, die Banken und vor allem die Regierungen, weil Kredite günstiger werden. Wenn die Geldschwemme irgendwann noch zur Inflation führt, schmelzen die staatlichen Schuldenberge damit wie von selbst zusammen. Auf diese Weise haben etliche Staaten nach dem zweiten Weltkrieg ihre drückenden Finanzlasten abgebaut.

Quelle: Der Spiegel; Ausgabe 19/2013; Seite 63

Diese These ist natürlich nicht gänzlich falsch, aber ein wesentlicher Aspekt findet keine Berücksichtigung. Eine Inflation entsteht im Zuge einer Ausweitung der Geldmenge, was unter anderem tatsächlich eine Entwertung der Schulden zur Folge hat. Der Knackpunkt ist jedoch, dass das viele neue Geld durch die Geldschöpfung der Banken in den Umlauf kommt. Für das neue Geld muss sich natürlich jemand verschulden. Das können Privatleute, Unternehmen oder auch der Staat sein. Privatleute kommen relativ schnell an die Grenzen der Kreditwürdigkeit und fallen als potentielle Schuldner entsprechend schnell aus. Auch die Unternehmen können sich nur sehr begrenz verschulden. Letzten Endes bleibt wieder nur der Staat, der von den Banken als ausreichend kreditwürdig angesehen wird, da dieser mittels verschiedener Druckmittel und Zwänge das Geld für die Zahlung der Zinsen von den Steuerzahlern eintreiben kann. Der Staat kann die nötige Gewalt ausüben, um die geforderten Zinszahlungen für die Kredite der Banken hinreichend sicher zu garantieren.
Wenn aber der Staat derjenige ist, der neue Schulden aufnimmt, um alte Schulden zu begleichen, wird natürlich unterm Strich nichts “weginfaltioniert”. Die Staatsverschuldung würde nur sinken, wenn entweder die Bürger die Schulden privat aufnehmen, die Unternehmen sich ausreichend weiterverschulden oder der Staat die Verfügungsgewalt über die Notenpresse hätte, wie es früher der Fall war.
Aber im Prinzip spielt es für den Bürger keine Rolle, wer genau die Schulden aufgenommen hat. Am Ende zahlt nämlich doch immer der Bürger die Zeche. Entweder, weil er selbst verschuldet ist und damit die Zinsen entsprechend aufbringen muss, oder weil er beim Einkaufen die Zinsen der Schulden der Unternehmen bezahlt oder er bezahlt die Zinsen der Staatsverschuldung über die Steuern.
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