Berichte

Kultur des längeren Arbeitens

Parteien, wie die Christlich Demokratische Union (CDU), die schon im Namen auf eine Glaubensgemeinschaft anspielen, lassen mich an der weltanschaulichen Neutralität des Staates erheblich zweifeln. Ebenso der Religionsunterricht an Schulen, da hier nicht neutral über verschiedene Religionen und deren geschichtliche Vergangenheit informiert und diskutiert wird, sondern eine bestimmte Religion “ausgeübt” wird. Wie andere Lobbygruppen auch, sollte die Kirche keinen Einfluss auf das politische Geschehen haben. In der Realität haben aber leider sehr viele Lobbygruppen, inklusive der Kirche, großen Einfluss. Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat wird in Deutschland als partnerschaftlich bezeichnet und so wundert es nicht, dass die Bundeskanzlerin immer wieder auf religiösen Veranstaltungen anzutreffen ist. Dort ist sie nicht nur körperlich präsent, sondern redet auch über alle möglichen Dinge.

Beim letzten Katholikentag verteidigte Frau Merkel beispielsweise die Stufenweise Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahren und begründete dies mit der demographischen Entwicklung. Ihrer Aussage nach muss sich gar eine Kultur des längeren Arbeitens entwickeln.[1]
Seit Beginn der Industrialisierung haben Maschinen in immer höheren Maßen die Arbeiten übernommen oder soweit vereinfacht, dass weniger Menschen nötig sind, um die Produkte herzustellen. Das ist eine unglaublich wertvolle Errungenschaft, denn dadurch haben die Menschen bei gleichbleibender Versorgung viel mehr Freizeit. Je weiter die Technik fortschreitet, um so weniger müssen Menschen arbeiten. Im Idealfall übernehmen Maschinen die gesamte Arbeit (abgesehen von sozialen Dienstleistungen), während die Menschen sich den angenehmen Dingen des Lebens widmen können, wie etwa dem Sport und kulturellen Ereignissen.
Im Prinzip passiert auch das: die Maschinen arbeiten mehr denn je und die Menschen arbeiten nicht mehr. Sie werden arbeitslos, bzw. viele junge Menschen bekommen gleich gar keine Arbeitsstelle. Dagegen hätte vermutlich auch fast niemand etwas. Kaum jemand hat Angst, seine Arbeit zu verlieren. Wir haben lediglich alle Angst, unser Einkommen zu verlieren. Unglücklicherweise sind die Einkommen aber an die Arbeit gebunden, was zur Folge hat, dass wir mit der Arbeit auch das Einkommen nicht mehr erhalten. Es fehlt ein Mechanismus, der das Geld, welches durch die Maschinen erwirtschaftet wird, wieder den Menschen im Land zukommen lässt, damit sie die Produkte erwerben können, die durch Roboter hergestellt werden.
Nun kommt aber noch ein weiteres Problem hinzu. Zins und Zinseszins erzwingen ein permanentes exponentielles Wirtschaftswachstum. Es muss ständig mehr produziert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Menschen diese Produkte benötigen. Sie müssen produziert und wieder zerstört werden. Andernfalls bricht das heutige Finanzsystem zusammen. Um dieses unsinnige Wirtschaftswachstum zu ermöglichen möchte man doch wieder auf die Arbeitskraft der Menschen zurückgreifen. Außerdem muss immer mehr Geld für Zinsleistungen aufgebracht werden, das dann nicht mehr für soziale Dienstleistungen (Renten, …) verfügbar ist. Das geht so weit, dass selbst die alten Menschen, die sich eigentlich einen ruhigen Lebensabend verdient hätten, weiterarbeiten sollen, damit sie Produkte herstellen können, die bald wieder weggeworfen werden, weil sie niemand benötigt. Und je länger sie arbeiten, um so weniger Zeit haben sie eine Rente zu beziehen. Das trifft sich gut, denn dieses Geld ist ja bereits anderweitig verplant. Eigentlich ist ohnehin nicht viel Geld verfügbar, um Menschen ihre mehr oder weniger unsinnigen Zwangs-Tätigkeiten zu bezahlen. Somit werden Firmen und Konzerne auch möglichst keine neuen Mitarbeiter einstellen. Dadurch entsteht die paradoxe Situation, dass die alten Menschen immer länger arbeiten sollen, während die Jugend arbeitslos ist. Und eigentlich müssten weder die Alten, noch die Jungen sonderlich viel arbeiten, weil die Maschinen dies ja bereits übernommen haben.


Literaturverzeichnis:
[1]
Merkel fordert Vereinbarkeit von Beruf und Familie; http://www.n24.de/news/newsitem_7933778.html; 18.05.2012
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