Konvergenzkriterien
Angenommen, Sie haben ein Auto, bei dem keine Bremsen eingebaut wurden. Das haben Sie beim Kauf nicht gemerkt. Wer ließt denn schon das Kleingedruckte oder versteht gar, wie das, was man verwendet funktioniert oder aufgebaut ist? Außerdem hat der Händler sehr vertrauenswürdig geklungen, als er Ihnen ein exponentielles Geschwindigkeitswachstum versprach, wenn sie nur immer dafür sorgen, ordentlich Gas zu geben. Mögliche Probleme erwähnte der Verkäufer nicht. Nur ein paar zufällig anwesende … Verschwörungstheoretiker … nörgelten herum und lamentierten, dass so etwas gefährlich sein könnte. Gefährlich? Pah! Höher, schneller, weiter. Genau das richtige Fahrzeug also. Über die Konsequenzen kann man sich auch später noch Gedanken machen.
Jetzt ist später. Sie fahren gerade einen immer steiler werdenden Berg hinunter. Zunächst gleitete die Landschaft sanft und lautlos an der fast hermetisch abgeschotteten Fahrerkabine vorbei. Im Radio werden Experten zitiert, die die Vorteile des schnellen Fahrens anpreisen. Musik und Fußballberichte lenken von der trostlosen Welt dort draußen ab, in der immer mal ein Auto in den Graben gefahren ist. Allmählich wird das Fahrzeug schneller und auch die Schlaglöcher nehmen zu. Am Straßenrand fuchteln Menschen warnend mit den Armen. Schon wieder solche Verschwörungstheoretiker. Sie werden immer stärker durchgeschüttelt. Ausweichen ist schon bald kaum noch möglich. Sie ziehen in Erwägung, doch etwas zu bremsen. Allerdings müssen Sie jetzt feststellen, dass es gar keine Bremsen gibt. Während Sie überlegen, ob es seine Richtigkeit hat, dass es keine Bremsen gibt, erschüttert ein weiterer Schlag das Auto. Sie können nichts dagegen untenehmen. Bremsen ist nicht möglich und zum Ausweichen sind Sie mittlerweile tatsächlich zu schnell. Also drehen Sie lieber das Radio lauter, um das Rumpeln nicht hören zu müssen. Während Sie auf den Abgrund zurasen, haben sie die rettende Idee. Sie stellen eine Regel, die vorgibt, dass sich die Geschwindigkeit nur um einen bestimmten Betrag pro Zeiteinheit erhöhen darf. Für den Fall, dass Sie die Regel nicht einhalten können, bestrafen Sie sich einfach. Sie könnten sich beispielsweise Wunden zufügen. Das schränkt Sie zwar in der Handlungsfähigkeit weiter ein (was ihrer Überlebenschancen nicht zuträglich ist), aber dafür wurde das Unrecht abgegolten. Aus dem Radio dudelt das Programm “Brot und Spiele”.
Überrascht stellen Sie dann fest, dass Sie trotz der hohen Strafe noch schneller werden. Alles, was Ihnen in den Weg kommt, müssen sie kurzerhand umfahren (umfahren ist hier nicht im Sinne von außen herumfahren zu verstehen). Wie kann das sein? Wieso werden Sie schneller, obwohl Sie es sich bei Strafe verboten haben? Egal, Sie können sich bei Bedarf ja weitere Wunden als Strafe zufügen. Aber eines dürfen Sie keinesfalls: Vom Gas gehen. Das Radio dröhnt.
Was für eine weltfremde Geschichte. Nicht wahr? Oder etwa doch nicht? Nun, das Fahrzeug ist eine Metaphher für das Geldsystem. Das Gasgeben beschreibt den Zwang zum grenzenlosen, exponentiellen Wirtschaftswachtum, der durch Zins und Zinseszins erzwungen wird. Bremsen hat das Fahrzeug natürlich keine, denn auch das Geldsystem kann nicht nachhaltig kontrolliert werden. Im Auto-Vertrag standen zwar wichtige Hinweise, aber der war über 6000 Seiten lang. Solch umfangreiche Verträge lesen mitunter nicht einmal die Politiker, welche Tag für Tag Verträge in Vertretung der Bevölkerung des europäischen Kontinents unterschreiben.
Ok, werden Sie denken. Bis dahin passt der Vergleich vielleicht doch etwas. Aber wer zwingt sich denn zu etwas, das er überhaupt nicht einhalten kann? Und wer ist denn so verrückt und bestraft sich für etwas, das er nicht einmal abwenden könnte, wenn er gewollt hätte?
Es gibt tatsächlich Regeln in der realen Welt, die das Unvermeintliche aufhalten sollen. Das sind Regeln, die etwas erzwingen sollen, das nicht möglich ist. Die EU-Konvergenzkriterien[1] beispielsweise sollen eine gewisse Stabilität in einem instabilen System erzwingen (oder sollen sie diese nur vortäuschen?):
Solche Regeln sind natürlich ebenso Makulatur, wie die Regeln zur Geschwindigkeitsbegrenzung im Autofahrt-Beispiel. Wie wenig diese Gesetze wert sind, zeigt sich schon daran, dass die Inflationsraten der einzelnen Länder an den preisstabielsten Ländern ausgerichtet wird und nur 1,5 Prozent über deren Inflationsrate liegen darf. Das schleißt Konstellationen nicht aus, bei denen die stabilsten Länder Inflationsraten von 100 Prozent haben und die unstabilen Länder mit 101,5 Prozent dabei sind. Da man davon ausgehen kann, dass die Inflationsraten durch das erzwungene Geldmengenwachstum in ALLEN Ländern zunehmen muss, wird sich auch in den stabilsten Ländern die Inflation permanent erhöhen und damit wird die Grenze natürlich ständig verschoben.
Der staatliche Schuldenstand darf nicht mehr als 60 % des Bruttoinlandsprodukts betragen. Irgend jemand muss sich aber weiter verschulden. Wenn es der Staat nicht mehr kann, müssen Privatpersonen und Unternehmen einspringen und sich verschulden. Wenn dies nicht “freiwillig” geschieht (Konsumanreize, Abwrackprämie, …), dann werden Zwangsmaßnahmen fällig (Steuererhöhungen, energetische Gebäudesanierung, …). Auch diese Regel ist also mehr Schein als Sein.
Hin und wieder geraten trotz solcher laschen Regeln Staaten in eine ernsthafte Gefahrenlage. So wurde ein Zusammenbruch Griechenlands nur durch unvorstellbare Rettungsaktionen verhindert. Das solche Aktivitäten eigentlich durch eine No-Bail-Out-Klausel verboten sind, interessierte die Politiker nicht. Nun sollen die Makulatur-Verträge, die nicht einmal eingehalten werden auch noch von denen “angepasst” werden, die sich noch nicht einmal an die bereits bestehenden Gesetze hielten und illegale Rettungsaktionen absegneten.
Auch Deutschland hat bereits unter anderem gegen die Defizitgrenze verstoßen[3] und weitere Verstöße drohen[4].
Die Strafen, die seitens der deutschen Vertreter gefordert werden sind also vermutlich sehr bald gegen Deutschland selbst anzuwenden.
Jetzt ist später. Sie fahren gerade einen immer steiler werdenden Berg hinunter. Zunächst gleitete die Landschaft sanft und lautlos an der fast hermetisch abgeschotteten Fahrerkabine vorbei. Im Radio werden Experten zitiert, die die Vorteile des schnellen Fahrens anpreisen. Musik und Fußballberichte lenken von der trostlosen Welt dort draußen ab, in der immer mal ein Auto in den Graben gefahren ist. Allmählich wird das Fahrzeug schneller und auch die Schlaglöcher nehmen zu. Am Straßenrand fuchteln Menschen warnend mit den Armen. Schon wieder solche Verschwörungstheoretiker. Sie werden immer stärker durchgeschüttelt. Ausweichen ist schon bald kaum noch möglich. Sie ziehen in Erwägung, doch etwas zu bremsen. Allerdings müssen Sie jetzt feststellen, dass es gar keine Bremsen gibt. Während Sie überlegen, ob es seine Richtigkeit hat, dass es keine Bremsen gibt, erschüttert ein weiterer Schlag das Auto. Sie können nichts dagegen untenehmen. Bremsen ist nicht möglich und zum Ausweichen sind Sie mittlerweile tatsächlich zu schnell. Also drehen Sie lieber das Radio lauter, um das Rumpeln nicht hören zu müssen. Während Sie auf den Abgrund zurasen, haben sie die rettende Idee. Sie stellen eine Regel, die vorgibt, dass sich die Geschwindigkeit nur um einen bestimmten Betrag pro Zeiteinheit erhöhen darf. Für den Fall, dass Sie die Regel nicht einhalten können, bestrafen Sie sich einfach. Sie könnten sich beispielsweise Wunden zufügen. Das schränkt Sie zwar in der Handlungsfähigkeit weiter ein (was ihrer Überlebenschancen nicht zuträglich ist), aber dafür wurde das Unrecht abgegolten. Aus dem Radio dudelt das Programm “Brot und Spiele”.
Überrascht stellen Sie dann fest, dass Sie trotz der hohen Strafe noch schneller werden. Alles, was Ihnen in den Weg kommt, müssen sie kurzerhand umfahren (umfahren ist hier nicht im Sinne von außen herumfahren zu verstehen). Wie kann das sein? Wieso werden Sie schneller, obwohl Sie es sich bei Strafe verboten haben? Egal, Sie können sich bei Bedarf ja weitere Wunden als Strafe zufügen. Aber eines dürfen Sie keinesfalls: Vom Gas gehen. Das Radio dröhnt.
Was für eine weltfremde Geschichte. Nicht wahr? Oder etwa doch nicht? Nun, das Fahrzeug ist eine Metaphher für das Geldsystem. Das Gasgeben beschreibt den Zwang zum grenzenlosen, exponentiellen Wirtschaftswachtum, der durch Zins und Zinseszins erzwungen wird. Bremsen hat das Fahrzeug natürlich keine, denn auch das Geldsystem kann nicht nachhaltig kontrolliert werden. Im Auto-Vertrag standen zwar wichtige Hinweise, aber der war über 6000 Seiten lang. Solch umfangreiche Verträge lesen mitunter nicht einmal die Politiker, welche Tag für Tag Verträge in Vertretung der Bevölkerung des europäischen Kontinents unterschreiben.
Ok, werden Sie denken. Bis dahin passt der Vergleich vielleicht doch etwas. Aber wer zwingt sich denn zu etwas, das er überhaupt nicht einhalten kann? Und wer ist denn so verrückt und bestraft sich für etwas, das er nicht einmal abwenden könnte, wenn er gewollt hätte?
Es gibt tatsächlich Regeln in der realen Welt, die das Unvermeintliche aufhalten sollen. Das sind Regeln, die etwas erzwingen sollen, das nicht möglich ist. Die EU-Konvergenzkriterien[1] beispielsweise sollen eine gewisse Stabilität in einem instabilen System erzwingen (oder sollen sie diese nur vortäuschen?):
Die EU-Mitgliedstaaten haben sich 1992 durch den Vertrag von Maastricht gegenseitig erstmals zu den EU-Konvergenzkriterien (zumeist Maastricht-Kriterien genannt) verpflichtet. Diese Kriterien bestehen aus fiskalischen und monetären Vorgabewerten mit dem Ziel, von staatlicher Seite in der EU eine Angleichung der Leistungsfähigkeiten der einzelnen nationalen Wirtschaftsräume in der EU zu befördern und damit auch eine grundsätzliche wirtschaftliche Stabilität und Solidität der EU zu gewährleisten. Heute befindet sich die Mehrzahl der Konvergenzkriterien in Art. 126 und Art. 140 AEU-Vertrag. Im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts gelten einige der Kriterien auch nach dem Beitritt zur Währungsunion weiter. Die Regelungen hierfür sind in Art. 126 AEU-Vertrag festgehalten.
Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Kriterien:
- Preisstabilität: Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5 Prozentpunkte über derjenigen der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen.
- Finanzlage der öffentlichen Hand: (Art. 126 AEU-Vertrag)
- Der staatliche Schuldenstand darf nicht mehr als 60 % des Bruttoinlandsprodukts betragen
- Das jährliche Haushaltsdefizit darf nicht mehr als 3 % des Bruttoinlandsprodukts betragen
- Wechselkursstabilität: Der Staat muss mindestens zwei Jahre lang ohne Abwertung am Wechselkursmechanismus II teilgenommen haben. Dabei darf die Währung des Landes nur in einer bestimmten Wechselkursbandbreite (meist 15 %) vom Eurokurs abweichen; bei größeren Abweichungen muss die Zentralbank des Landes intervenieren.
- Langfristige Zinssätze: Der Zinssatz langfristiger Staatsanleihen darf nicht mehr als 2 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen.
Quelle: Wikipedia
Solche Regeln sind natürlich ebenso Makulatur, wie die Regeln zur Geschwindigkeitsbegrenzung im Autofahrt-Beispiel. Wie wenig diese Gesetze wert sind, zeigt sich schon daran, dass die Inflationsraten der einzelnen Länder an den preisstabielsten Ländern ausgerichtet wird und nur 1,5 Prozent über deren Inflationsrate liegen darf. Das schleißt Konstellationen nicht aus, bei denen die stabilsten Länder Inflationsraten von 100 Prozent haben und die unstabilen Länder mit 101,5 Prozent dabei sind. Da man davon ausgehen kann, dass die Inflationsraten durch das erzwungene Geldmengenwachstum in ALLEN Ländern zunehmen muss, wird sich auch in den stabilsten Ländern die Inflation permanent erhöhen und damit wird die Grenze natürlich ständig verschoben.
Der staatliche Schuldenstand darf nicht mehr als 60 % des Bruttoinlandsprodukts betragen. Irgend jemand muss sich aber weiter verschulden. Wenn es der Staat nicht mehr kann, müssen Privatpersonen und Unternehmen einspringen und sich verschulden. Wenn dies nicht “freiwillig” geschieht (Konsumanreize, Abwrackprämie, …), dann werden Zwangsmaßnahmen fällig (Steuererhöhungen, energetische Gebäudesanierung, …). Auch diese Regel ist also mehr Schein als Sein.
Hin und wieder geraten trotz solcher laschen Regeln Staaten in eine ernsthafte Gefahrenlage. So wurde ein Zusammenbruch Griechenlands nur durch unvorstellbare Rettungsaktionen verhindert. Das solche Aktivitäten eigentlich durch eine No-Bail-Out-Klausel verboten sind, interessierte die Politiker nicht. Nun sollen die Makulatur-Verträge, die nicht einmal eingehalten werden auch noch von denen “angepasst” werden, die sich noch nicht einmal an die bereits bestehenden Gesetze hielten und illegale Rettungsaktionen absegneten.
Eine umfassende deutsch-französische Vereinbarung zur Änderung der europäischen Verträge haben Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy am Montag in Paris vorgestellt. Deutschland und Frankreich streben an, für ihre Vorschläge über automatische Sanktionen für Haushaltssünder [..]
EU-Staaten, die gegen die im Maastrichter Vertrag festgeschriebene Defizitgrenze von drei Prozent verstoßen, sollen nach einer Vertragsänderung automatische Sanktionen drohen. Die Entscheidung über ein Sanktionsverfahren soll künftig erleichtert und mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden können.[2]
Quelle: FAZ
Auch Deutschland hat bereits unter anderem gegen die Defizitgrenze verstoßen[3] und weitere Verstöße drohen[4].
Die Strafen, die seitens der deutschen Vertreter gefordert werden sind also vermutlich sehr bald gegen Deutschland selbst anzuwenden.