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Globale Finanzmärkte: Die Welt versinkt in Schulden

Globale Finanzmärkte: Die Welt versinkt in Schulden

So lautet die Überschrift eines Artikels bei SPIEGEL Online.[1] Weiter ist zu lesen, dass jemand, der keine Fehler macht, zu wenig wagt. Wer den gleichen Fehler immer wieder macht, dem ist nicht zu helfen. Mit dieser Aussage wird die Finanzkrise von 2007/08 als Ausrutscher einer überoptimistischen Globalisierungseuphorie gesehen. Dass sich seither aber nichts geändert hat, sieht der Autor des Artikels als das eigentliche Drama.

Dabei übersieht der Auto, Henrik Müller, Professor für wirtschaftspolitischen Journalismus an der Universität Dortmund, jedoch, dass es sich bei der Finanzkrise von 2007/08 nicht um einen Ausrutscher handelt.
Zins und Zinseszins erzwingen eine ständig wachsende Verschuldung. Dies ist ein systemimmanenter Prozess, der so lange abläuft, wie es Zins und Zinseszins gibt. Dass die Last der auf den Schultern der Allgemeinheit ruhenden wachsenden Schulden, die den ebenfalls wachsenden Vermögen gegenüberstehen, irgendwann unerträglich wird und zu Krisen führt, ist nicht überraschend. Somit handelt es sich bei der Finanzkrise eigentlich um eine Systemkrise, da das zinsbasierte Geldsystem als solches problematisch ist.
Wer viel Geld hat, kann es anlegen oder investieren und wird ohne eigenes Zutun durch Zins und Zinseszins immer reicher. Erarbeitet wird der Reichtum von den vielen Menschen, die arbeiten müssen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und einen immer größer werdenden Teil des Lohnes über Umwege in Form von Zinsen an die Vermögenden abtreten müssen. Doch bevor das Geld erarbeitet werden kann, muss es irgendwie in die Welt gebracht werden. Dies geschieht in Form von Krediten, bei denen neues Geld geschöpft wird. Ja richtig, die Banken verleihen nicht das Geld, welches sie haben, sondern erzeugen bei der Kreditvergabe aus dem Nichts neues Geld. Dafür möchten sie handfeste Sicherheiten haben und irgendwann muss der Kredit samt Zins und Zinseszins zurückbezahlt werden. Das Geld für die Anfallenden Zinsen wurde natürlich nicht mitgeschöpft. Um die Zinsen für den Kredit bezahlen zu können, muss man also entweder Geld aus der Menge des vorhandenen Geldes entnehmen, was zur Folge hat, dass die Geldmenge sinkt und die Wirtschaft Schaden nimmt, oder es muss ein neuer Kredit aufgenommen werden. Ein Teufelskreis.

Da kann es dann auch nicht wundern, dass die weltweit aufgelaufenen Schulden der Staaten und der Privatwirtschaft Ende 2007 stolze 107 Billionen Dollar betrugen, also gut das Doppelte der globalen Wirtschaftsleistung. Die Floskeln vom Schuldenabbau, von strenger Finanzmarktregulierung und von Sparen, haben sich als inhaltslose Worthülsen entpuppte und geschehen ist das Gegenteil: Die Schulden sind weiter gestiegen. Ende 2013 lagen die weltweiten Schulden bei mehr als 150 Billionen Dollar, also rund das Zweieinhalbfache des globalen Sozialprodukts.[1]
Der Autor des Artikels bei SPIEGEL-Online warnt dann, dass die immer weiter steigenden Schulden die Weltwirtschaft anfällig für die nächste große Krise machen. Man könnte meinen, dass man nur die Verschuldung reduzieren muss und schon wäre die Gefahr für Krisen gebannt. Es ist jedoch zu bedenken, dass die Schulden lediglich die Folgen des Finanzsystems sind. Um aus der Verschuldungsspirale zu kommen, bedarf es ein gänzlich anderes Geldsystem, welches nicht den größten Teil der Menschen in eine hoffnungslose Verschuldung führt, während ganz wenige Menschen ohne äquivalente eigene Leistung unermesslich reich werden.
Weiter schreibt der Autor, dass die Verschuldung die die Wachstumsdynamik behindert. Hier ist anzumerken, dass dieses hemmungslose Wachstum nur deshalb notwendig ist, um eine Grundlage für die Kredite zu schaffen, die benötigt werden, um die Zinsen der alten Verbindlichkeiten zu bezahlen. Ohne Zinssystem mit eingebautem Schuldenwachstum, wäre auch kein permanentes Wirtschaftswachstum notwendig. Ganz im Gegenteil. Zumindest in den Industrieländern könnte die Wirtschaft in weiten Teilen stark reduziert werden, ohne dass wir an Mangel leiden müssten. Dies würde nicht nur der Umwelt zugute kommen.
Weiter schreibt der Autor, dass Schulden der Stoff sind, aus dem ernsthafte Konflikte entstehen, innerhalb von Gesellschaften wie auch zwischen Staaten. Damit hat er durchaus recht, aber auch hier ist die Ursache im Geldsystem zu finden. In einem Geldsystem, das nicht automatisch zu grenzenloser Verschuldung führt, wird natürlich auch das Potential für Konflikte erheblich reduziert.
Auch die nächste Aussage des Autors sollte genauer betrachtet werden, denn hier verbirgt sich ebenfalls ein kleiner Detailfehler mit beachtlicher Tragweite:

Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man meinen, die horrenden aufgelaufenen Verbindlichkeiten seien global irrelevant. Schließlich sind die Schulden des einen das Vermögen der anderen. Letztlich saldiert sich alles zu null. Was allerdings nicht heißt, dass es immer so weitergehen kann.

Es stimmt zwar, dass den Schulden auch ein Vermögen gegenübersteht. Aber Schulden und Vermögen saldieren sich eben nicht zu null. Wenn jemand 100 Euro zu 10 Prozent Zinsen leiht, dann muss er am Ende des Jahres 110 Euro zurückbezahlen. Das vorhandene Vermögen beträgt 100 Euro, die Schulden betragen aber nicht 100 Euro, sondern 110 Euro und sind damit höher als das vorhandene Vermögen. Selbst wenn es dem Schuldner gelänge, das ganze Geld, welches er als Kredit erhalten hat, am Ende vom Jahr wieder einzusammeln, fehlen immer noch 10 Euro, um die gesamte Schuld zurückzubezhalen. Diese 10 Euro kann er nun von Vermögen, das in Folge eines anderen Kredites in Umlauf kam abbezahlen. Dann fehlt das Geld aber dem anderen Kreditnehmer. Oder man nimmt einen neuen Kredit über 10 Euro auf. Dann kann man zwar den Kredit von 110 Euro tilgen, als Folge dieser Umschuldung steht ist nun aber eine neue Schuld von 10 zuzüglich Zinsen Euro zu begleichen und dies gelingt wiederum nur, wenn jetzt Geld vom Guthaben anderer aufgebraucht wird, oder am Ende des Jahres wieder ein neuer Kredit aufgenommen wird. Von da an beginnt sich die Schuldenspirale immer schneller zu drehen.
Während man früher den Hochverschuldete Länder mit einem Schuldenerlass entgegenkam, ist dies heute nicht mehr möglich, weil es mittlerweile um viel größere Summen geht. Ein Schuldenerlass würde sich merklich auf die Bilanzen der Gläubiger auswirken. Der Autor resümiert, dass Schulden und die globale Vermögensbilanz weiter in Schieflage geraten werden, wenn das Wachstum schwach und die Inflationsraten niedrig bleibt. Dies sei der der Sprengstoff, aus dem die nächste globale Krise entstehen wird.
Das Allheilmittel wird auch hier wieder im Wirtschaftswachstum mit einhergehender Ausweitung der Geldmenge, die zur Inflation führt gesehen. Dass für diese Lösung unvorstellbare Mengen an Rohstoffe und Arbeitsleistung/Lebenszeit der Menschen verschwendet wird (von nichts kommt kein Wachstum), wird ignoriert. Ebensowenig erwähnt der Autor, dass eine Inflation gleichbedeutend mit Enteignung der Bürger ist. Wer Geld erarbeitet hat und es für den Lebensabend aufsparte, kann sich später deutlich weniger davon kaufen, als es möglich gewesen wäre, wenn er das Geld direkt für den Erwerb von Produkten eingesetzt hätte.
Wirtschaftswachstum und Inflation kann also definitiv nicht die Lösung sein. Die Verschuldung wächst in einem Zinseszinssystem exponentiell und unendlich. Wie lange kann man diese Entwicklung mit Wirtschaftswachstum ausgleichen? Ein Jahr? Zehn Jahre? Hundert Jahre? Länger wohl kaum. Irgendwann bricht das System zusammen. Und je länger man an diesem System festgehalten hat, um so heftiger wird der Zusammenbruch und um so mehr Ressourcen wurden bis dahin für das langfristig doch sinnlose Wachstum verschwendet.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen. Im Artikel “Hup mich nicht an!“, habe ich darauf hingewiesen, dass der Ausbau des Radwegenetzes eher bescheiden ist. Letzten Endes ist auch kein Geld dafür verfügbar, was nicht verwundert, schließlich versinkt die Welt in Schulden. Lediglich ganz wenige Menschen sind unvorstellbar reich. Dies haben jedoch üblicherweise kein Interesse daran, die öffentliche Infrastruktur mit ihrem Privatvermögen auszubauen. Menschen, die mit dem Privatjet zur Grillparty fliegen, werden wohl kaum den Bau neuer Radwege in irgend einem Kuhdorf finanzieren. Und die Allgemeinheit hat kein Geld dafür, schließlich befindet sich das Geld bei denen, die mit dem Privatjet durch die Welt reisen.
Nun gibt es immer wieder Initiativen, bei denen sich Menschen für Projekte einsetzen, welche wichtig für das öffentliche Zusammenleben sind. Während die Städte und Gemeinden die Bürger zwar gerne animieren, mehr mit dem Rad zu fahren, tragen sie wenig dazu bei, sichere Radwege bereitzustellen und zu unterhalten. Wie auch, es ist ja kein Geld dafür vorhanden. Bevor auch nur ein Meter Radweg gebaut wird, muss erst sichergestellt werden, dass die Zinsen für die Kredite bezahlt sind. Und was dann noch übrig bleibt, muss für alle Arbeiten und Dienstleistungen reichen, die zu erbringen sind.
Vor diesem Hintergrund ist leicht zu erkennen, dass es im gesamten nichts bringt, wenn es einer Initiative gelingt, etwas mehr vom verfügbaren Vermögen als bislang geplant, in den Ausbau der Radwege umzuleiten. Im Gesamten ist ja nicht genug Geld für alle Arbeiten und Leistungen verfügbar. Das zusätzliche Geld für die Radwege fehlt dann natürlich an anderer Stelle. Beispielsweise beim Unterhalt von Spielplätzen. Es wird nicht lange dauern und einige Bürger werden sich zusammenschließen, um wieder etwas mehr Geld für die Pflege der Spielplätze zu erhalten. So führt eine Bürgerinitiative zur nächsten, an der Problematik ändert sich aber nichts. Ganz im Gegenteil. Die Verteilungskämpfe werden immer heftiger und irgendwann verwenden alle Bürger ihre Zeit und Energie nur noch darauf in unzähligen Initiativen mit anderen Initiativen um die restlichen Geldmittel zu konkurrieren.
Kurzfristig mag es tatsächlich Sinn machen, sich für mehr Geld für Radwege einzusetzen. Oder mehr Geld für Spielplätze zu erstreiten. Da das Geld dann aber an anderer Stelle fehlt, lohnt es sich nur dann beispielsweise für eine bessere Finanzierung der Radwege zu streiten, wenn man diese selbst nutzen möchte und gleichzeitig das Angebot nicht benötigt, das in der Folge kürzer treten muss. Wer Rad fährt, aber nicht auf Spielplätze geht, kann sich natürlich dafür einsetzen, mehr Geld für Radwege abzuschöpfen, während die Spielplätze verfallen. Blöd nur, wenn er dann doch mal mit seinen Kindern oder seinen Enkeln ein paar Stunden auf einem Spielplatz verbringen möchte. Das was er auf der einen Seite gewonnen hat, hat er auf der anderen Seite verloren und dafür auch noch Lebenszeit in Form von Demonstrationen verschwendet.

Wir sollten also weniger Zeit mit aussichtslosen Grabenkämpfen verbringen und die wirklichen Ursachen unserer Probleme ergründen. Alles andere verschafft uns nur etwas Zeit. Diese Zeit ist jedoch teuer erkauft und langfristig werden wir doch verlieren, wenn wir an diesem zinsbasierten Geldsystem festhalten, welches zu immer mehr Schulden führt, die mit Wirtschaftswachstum ausgeglichen werden müssen, wodurch die wertvollen Ressourcen verschwendet werden und die Natur Schaden nimmt.

Literaturverzeichnis:
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