StVO

Bei Rot über die Ampel fahren, um Einsatzfahrzeugen Platz zu machen

Im Beitrag “Was passiert, wenn man für die Rettungsgasse über Rot fahren muss? | ADAC | Recht? Logisch!” erklärt der ADAC-Jurist Alexander Sievers, wie man sich verhalten soll, wenn man geblitzt wird, während man über eine rote Ampfel fährt, um einen Einsatzfahrzeug den Weg frei zu machen.

Einsatzfahrzeuge, die mit blauem Blinklicht und Einsatzhorn unterwegs sind, genießen gemäß § 38 der Straßenverkehrsordnung ein sogenanntes Wegerecht. Es ordnet an, dass alle übrigen Verkehrsteilnehmer sofort freie Bahn zu schaffen haben. Der Jurist Alexander Sievers erklärt, dass man ausnahmsweise auch auf Rad- und Fußwege ausweichen darf, jedoch nur, wenn man dabei niemanden gefährdet. Ebenso darf man in diesem Ausnahmefall laut dem Juristen über eine rote Ampel fahren, um den Einsatzfahrzeugen freie Bahn zu verschaffen. Sollte man dem Einsatzfahrzeug keine freie Bahn verschaffen und dieses behindern, drohen ganz erhebliche Bußen: 240 Euro, 2 Punkte im Verkehrsregister und 1 Monat Fahrverbot werden für den Fall der Behinderung genannt! Bei einer Gefährdung steigt das Bußgeld auf 280 noch weiter an. Bei einem Unfall sogar auf 380 Euro.

Die Situation klingt eindeutig. Wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Wegerecht nähert, kann und muss man im Zweifelsfall auch über eine rote Ampel fahren, um freie Bahn zu schaffen. Aus meiner Laien-Sicht ist dies aber überhaupt nicht so klar und eindeutig geregelt!

So sagt der Jurist auch in der Zusammenfassung, dass es “in der Regel” kein Bußgeld gibt, wenn man zur Bildung einer Rettungsgasse eine rote Ampel überfährt. Gemäß Straßenverkehrsordnung erhalten die übrigen Fahrzeuge nämlich keine Sonderrechte, wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Wegerecht nähert. Damit ist kann aus dem Gesetz keine Rechtmäßigkeit abgeleitet werden, wenn ein normaler Verkehrsteilnehmer über eine rote Ampel fährt. Auf Rückfragen in den Kommentaren antwortet der ADAC-Jurist demnach auch eher zurückhaltend, dass es kein Gesetz gibt, das einen Rotlichtverstoß in solchen Fällen erlaubt und ein Bußgeldverfahren wird je nach Einzelfall meist eingestellt.
Dies bedeutet offensichtlich, dass es im Zweifelsfall vom Wohlwollen (oder weniger freundlich formuliert: von der Willkür) eines Sachbearbeiters abhängt, ob man für den Rotlichtverstoß sanktioniert wird oder nicht. Insbesondere, wenn es (trotz besonderer Sorgfalt) aufgrund des Überfahrens der roten Ampel zu einem Unfall kommt und dabei vielleicht sogar Personen verletzt werden oder sterben, wird man keine Milde vor Gericht erwarten können.

Wenn es der Gesetzgeber wollte, könnte er hier gewiss Klarheit verschaffen und Verkehrsteilnehmern offiziell Sonderrechte und eine gewisse Immunität einräumen, wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Wegerecht nähert. Dies ist aber, soweit ich das laienhaft beurteilen kann, nicht der Fall. Die Verkehrsteilnehmer sind somit also in der unangenehmen Lage, dass sie sich rechtswidrig verhalten müssen, um einem Einsatzfahrzeug Platz zu machen und das volle Risiko für die möglichen Folgen tragen.

Natürlich sollte man Rettungsfahrzeugen, die mit Blaulicht und Sirene unterwegs sind, immer Platz machen und sie nicht unnötig und egoistisch behindern. Aber es wäre schön, wenn die Straßenverkehrsordnung den Verkehrsteilnehmern hierfür auch die notwendigen Rechte explizit einräumt und das Risiko nicht einfach auf die normalen Bürger abwälzt!
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